Schulgeschichte im Archiv: Klassenbücher und Stundenpläne aus über 100 Jahren

Ein bedeutender Fund zur lokalen Bildungsgeschichte sorgt für neue Einblicke in den Schulalltag vergangener Generationen.

Im Magazin des Stadtarchivs Meschede sind bislang unerschlossene Klassenbücher, Stundenpläne und weitere Unterlagen lokaler Volksschulen aus Eversberg, Heinrichsthal und Wehrstapel entdeckt, geordnet und verzeichnet worden. Die Dokumente decken einen Zeitraum vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 2000er Jahre ab und bieten damit einen nahezu lückenlosen Blick auf mehr als ein Jahrhundert Schulgeschichte – durch alle politischen Umbrüche und gesellschaftlichen Veränderungen hindurch.

 

„Die Unterlagen lagen als unsortierter Bestand in unserem Magazin. Wir haben sie zunächst grob nach Schulen und Jahrgängen geordnet“, berichtet Aurianne Burmann, Auszubildende zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, die den Fund wissenschaftlich aufbereitet hat. Der Großteil der Dokumente sei in einem altersgemäß guten Zustand gewesen: „Einige Klassenbücher mussten am Einband stabilisiert werden, bei Stundenplänen war das Papier an den Rändern teils eingerissen. Große Schäden gab es jedoch erfreulicherweise nicht.“

 

Die Verzeichnung erfolgte systematisch im Bestand „Eversberg C“, klassifiziert unter „Schulwesen“. Dabei wurde jeder Eintrag mit Titel, Laufzeit, Inhalt, Schlagworten und Schutzfrist versehen. „Personenbezogene Unterlagen unterliegen einer Schutzfrist von 70 Jahren. Alle anderen können nach Rücksprache eingesehen werden“, so die Auszubildende des Stadtarchivs. Die Unterlagen lagern nun in säurefreien Archivschachteln, um dauerhaft vor schädlichen Einflüssen geschützt zu sein.

Der historische Wert der Sammlung ist nicht zu unterschätzen: Deutlich lassen sich Veränderungen im Unterricht und in der Schulorganisation erkennen. Fächer wie „Heimatkunde“ wurden zu „Erdkunde“, „Raumwesen“ ging in „Mathematik“ über. Während in den frühen Jahrzehnten der Unterricht auch samstags stattfand, reduzierte sich die Wochenstundenzahl später bei gleichzeitig wachsender Klassengröße. Ebenso ist ein steigender Mädchenanteil im Laufe der Jahrzehnte dokumentiert.

 

Besonders eindrücklich sind die Einträge aus der Zeit des Nationalsozialismus. Dort spiegeln die Lehrpläne und Berichte die ideologische Prägung jener Jahre wider: Marschübungen im Musik- und Sportunterricht der Jungen, verstärkte Ausbildung der Mädchen in Hauswirtschaft und Handarbeit. „Nach dem Krieg verschieben sich die Schwerpunkte wieder – hin zur pädagogischen Förderung und zu einem breiteren Bildungsideal“, heißt es aus dem Archiv.

 

Obwohl keine Ausstellung geplant ist, können die Dokumente – soweit nicht durch Datenschutzfristen geschützt – im Stadtarchiv Meschede eingesehen werden: „Für unsere Ortsteile ist das eine wichtige Quelle zur Geschichte von unten. Gerade die kontinuierliche Überlieferung durch verschiedene Staatsformen hindurch zeigt, wie sich Schulbildung in Deutschland entwickelt hat.“ Mit diesem Bestand wird die Geschichte der Schulen in Eversberg, Heinrichsthal und Wehrstapel wieder greifbar – und steht ab sofort der Forschung wie auch interessierten Bürgerinnen und Bürgern offen.